Ich entdecke gerne spannende Grenzübergänge in abgelegenen Regionen der Welt. Wegen der Corona-Pandemie sind solche Reisen derzeit in weite Ferne gerückt. Immerhin: Die Pandemie hat mir spannende Grenzübergänge direkt vor die Haustür geschickt. Die schweizerisch-österreichische Grenze ist seit Mitte März 2020 zum ersten Mal seit dem 2. Weltkrieg geschlossen und verbarrikadiert.
Für uns Rheintaler bietet sich also ein ungewohntes Bild: Absperrband, Zäune und Gitter an Stellen, an denen wir bisher die Grenze kaum wahrnahmen. Die Grenzwächter sind streng, nur gut begründete Reisen sind an den wenigen noch geöffneten Grenzübergängen möglich. Der aktuelle Stand:
Mit dem Velo bin ich losgefahren und habe angeschaut, wie es an den geschlossenen Grenzübergängen nun aussieht. Besonders interessant: Die grüne Grenze, an denen bisher kaum jemand den genauen Grenzverlauf überhaupt kannte (ausser Grenz-Nerds wie mir).
Grüne Grenze auf dem Rheindamm beim Freibad Bruggerhorn in St. Margrethen: Hier hat das GWK etwas halbherzig ein Zaundreieck aufgebaut – nicht sehr schwer zu umgehen!
Auf der österreichischen Seite, in Höchst, ist aber kein Durchkommen mehr: Hier wurde seriös verbarrikadiert. OK, man könnte durch das Rheinvorland latschen. Auf dem Parkplatz beim Höchster Freibad sah ich aber ein Polizeiauto warten – man würde also wohl nicht weit kommen.
Nicht gesperrt, aber ein höchst ungewohnter Anblick: Die Rheinbrücke zwischen Au und Lustenau ohne jeglichen Verkehr, keine Lastwagen am Zoll! Aussicht vom Restaurant Meldegg in Walzenhausen.
Mehrstufige Barrikaden am Habsburg-Zoll zwischen Widnau und Lustenau-Wiesenrain.
Grüne Grenze auf dem Rheindamm zwischen Diepoldsau und Lustenau (im Hintergrund der Habsburg-Zoll in Widnau): Nirgendwo sonst im Rheintal können sich Schweizer und Österreicher noch so nahe kommen, der Grenzzaun ist von beiden Seiten her direkt zugänglich. Er hat sich zu einem Treffpunkt für Schweizer und Österreicher entwickelt. Eine auf der Schweizer Seite wohnhafte Vorarlbergerin hat von hier aus ihrer Mutter einen Geburtstags-Blumenstrauss hinübergeworfen. Und ein Rheintaler auf Entzug besorgte sich auf umgekehrten Weg ein paar Leberkassemmel, die ein Bekannter für ihn im Spar Lustenau besorgt hatte.
Das „Rohr“ diente im 2. Weltkrieg als geheimer Fluchtweg für Juden, die aus dem Dritten Reich in die Schweiz flüchteten. Heute ist die eiserne Pforte zum ersten Mal seit sehr langer Zeit geschlossen. Zwei weitere Barrikaden auf schweizerischer und österreichischer Seite stellen sicher, dass sich Grenzverletzungen wie im 2. Weltkrieg im Rahmen der Corona-Pandemie nicht wiederholen. Die grüne Grenze ist besser abgeriegelt als damals!
Der „Schmitterzoll“ zwischen Diepoldsau-Schmitter und Lustenau blieb nach der offiziellen Grenzschliessung noch ein paar Tage lang offen und unbewacht. Nun stehen aber auch hier mehrstufige Barrikaden.
Das Matz in Diepoldsau ist ein beliebtes Naherholungsgebiet und Naturbad. Rheintaler von beiden Seiten der Grenze gehen hier baden. Niemand weiss, wo genau die Grenze verläuft. Jetzt wissen wir es: Ziemlich nah am Schweizer Ufer. Hinüberschwimmen geht aber noch – falls man nicht von der Armee mit ihren Helikoptern erwischt wird.
Ende März omnipräsent, mittlerweile etwas seltener geworden: Die Helikopter der Armee kreisen über dem Rheintal, um Vestösse gegen die Grenzschliessung festzustellen (Foto von meinem Bruder).
Auch südlich von Diepoldsau gibt es einen grünen Grenzübergang auf dem Rheindamm. Hier steht sogar das Grenzwachtkorps bereit, um allfällige Grenzverletzer abzufangen. Hinten rechts die Grenzbrücke zwischen Kriessern und Mäder, die für den essenziellen Grenzverkehr noch geöffnet ist.
So nah – und doch unerreichbar: Zollamt Mäder in Vorarlberg, vom Rheindamm in Kriessern aus gesehen.
Kein Durchkommen auch auf der Rheinbrücke zwischen Montlingen und Koblach.
Ein oranges Schild kündigt die Grenzsperrung an. Den Grenzübergang Oberriet fand ich völlig verwaist vor, bis auf einen Pfau, der zwischen den Barrikaden herumschlenderte.
Idyllisch am Alpenrhein liegt diese Grenzbarrikade auf der Brücke zwischen Oberriet und Meiningen.
Die einzige noch geöffnete Landesgrenze der Schweiz: Zum Fürstentum Liechtenstein. Alles wie früher! (Foto von meinem Bruder)
Ist das noch aktuell?
LikeLike
Nein, die Absperrungen wurden im Mai 2020 wieder entfernt. Jetzt bestehen noch Einschränkungen im Reiseverkehr, aber keine physischen Grenzsperren mehr.
LikeLike