Endlich sind die Grenzen wieder offen! Mein erstes Projekt: Ich versuche, zu Fuss von Genf bis an den Atlantik zu gelangen. Phare de la Coubre heisst das Ziel, rund 800 km von Genf entfernt. Ich bin gespannt, was ich sehen und erleben werde. Denn Frankreich kenne ich überhaupt nicht, ich war noch an keinem einzigen Ort entlang der Route.
Das Schöne am Wandern über weite Strecken: Man entdeckt viele Orte, an die man sonst niemals kommen würde. Denn man kann nicht einfach gezielt Sehenswürdigkeiten anpeilen, man muss überall durch.
In diesem Blogeintrag erzähle ich jeden Tag eine kleine Geschichte von einem Highlight, einem Tiefpunkt, einem Abenteuer oder manchmal einfach nur ein schönes Bild.
Epilog / Tag 31, Km 889: Phare de la Coubre – Royan. Heute habe ich die ersten 25 Kilometer meines Rückwegs zu Fuss zurückgelegt – bis zum Bahnhof Royan, wo ich morgen den Zug in die Schweiz nehme. Royan ist ein etwas trashiger Ferienort ohne Gesicht und Charme, und das ist gut so: Hier fällt es mir leicht, Abschied zu nehmen von dieser eindrücklichen Reise. Anders als heute Morgen, als ich erstmals vom Leuchtturm weg gelaufen bin anstatt auf ihn zu – dafür schien mir die Sonne ins Gesicht, die ich sonst immer im Rücken hatte. Ich danke ganz herzlich für das rege Interesse an meinen kleinen Berichten und die vielen schönen Rückmeldungen, die ich immer wieder von Bekannten und Unbekannten bekommen habe – sie haben mir viel Freude und Motivation mit auf den Weg gegeben.
Tag 30, Km 864: La Tremblade – Phare de la Coubre. Wenn ich am Leuchtturm Phare de la Coubre ankommen würde, meinem Ziel am Atlantik, würde ich mich am Rand des Pinienwaldes hinsetzen und einfach den Moment geniessen: Hinaus auf den Ozean blicken, hinüber zum Leuchtturm und zurück auf eine fantastische Wanderung – so stellte ich mir meine Ankunft vor. Heute morgen brach ich in La Tremblade auf für die kurze letzte Etappe. Noch einmal änderte sich die Landschaft, der Weg verlief durch einen Wald auf sandigem Boden, der die gesamte Spitze der Arvert-Halbinsel bedeckt. Die letzten acht Kilometer verliefen immer geradeaus, auf einem Weg parallel zum Strand. Es war wohl die langweiligste Strecke der ganzen Wanderung. Ein Kilometer vor dem Ziel kam der rote Leuchtturm am Ende des Wanderwegs in Sicht. Ich machte ein Foto, von hinten erschallte es ungeduldig „Attention!!“ von einem schnellen Velofahrer. Fast die gesamte Strecke war ich allein gelaufen, hatte kaum jemanden gesehen auf all den Wegen – diese letzten Kilometer teilte ich nun mit hunderten Velofahrern. Den Leuchtturm fand ich umzäunt vor und mit einem Tickethäuschen, vor dem Eingang standen die Besucher in einer Schlange. Ich drängte mich an ihnen vorbei und berührte den Leuchtturm für ein paar Sekunden – nicht zu lange, um nicht zu sehr aufzufallen. Ich hatte es geschafft! Dann sah ich mich nach dem Strand um. Ich fand ihn zwei Wegbiegungen weiter, hinter einer Düne. Ich setzte mich hin, aber der erhebende Moment wollte sich nicht einstellen. Keinen Zentimeter Schatten gab es, die Sonne brannte erbarmungslos, der Wind wehte Sandkörner überallhin und es hatte massenhaft Menschen. Kurz: Alles, was ich an Stränden hasse. Was hatte ich mir dabei gedacht, ausgerechnet diesen Ort zu meinem grossen Ziel zu erküren? „Unterwältigt“ vom Augenblick (die Briten kennen das passende Wort ‚underwhelmed‘), wollte ich mich wenigstens meines Gepäcks und der Schuhe entledigen. Da in dieser überbevölkerten Gegend Biwakieren mühsam würde, ging ich auf den Camping gleich neben dem Leuchtturm. Ein Platz für eine Nacht kostete unglaubliche 55 Euro! Ein bisschen deprimiert, schluckte ich diese Kröte. Dann endlich hielt ich meine Füsse in den Atlantik, machte ich die Reise wirklich vollständig. Und nach zwei Bier kann ich nun endlich zunehmend euphorisch sagen: Yeah, ich habe es geschafft, ich habe ganz Frankreich zu Fuss durchquert – 864 Kilometer in genau einem Monat. So langsam stellt sich das Gefühl nun doch ein. Ganz egal wie enttäuschend dieser Ort ist.
Tag 29, Km 846: L’Éguille-sur-Seudre – La Tremblade. Heute habe ich mich den ganzen Tag in den Salzsümpfen (marais salants) der Seudre-Mündung herumgetrieben. Das ist eine eigenartige Landschaft: Sie besteht vorwiegend aus Wasserbassins, die sich bei Flut mit Meerwasser füllen und bei Ebbe leer sind. Offenbar haben die Römer diese Bassins gebaut und zur Salzgewinnung genutzt. Für das Salz interessiert sich heute niemand mehr, denn die Franzosen züchten hier Austern, Crevetten und anderes Meeresgetier. Kleine Wege führen in das Gebiet hinein, wo man immer wieder auf farbige Hütten trifft, fast schon im skandinavischen Stil. Hinter so einer Hütte habe ich letzte Nacht biwakiert, an einem Aussichtspunkt am vordersten Spitz der Gemeinde L’Éguille, und kam so in Genuss eines spektakulären Sonnenaufgangs. In den Dörfern gibt es Häfen. Sie bestehen aus tiefen Rinnen, in denen die Fischerboote zu Ebbe im Trockenen liegen. In diesen Häfen haben die Muschelproduzenten Restaurants angesiedelt, die ausschliesslich ihre Produktion anbieten. Da ich Austern verschmähe und mein Wanderhunger immer weniger mit den kleinen französischen Portionen übereinstimmt, ist das für mich eine weniger erfreuliche Entwicklung, als es vielleicht auf den ersten Blick erscheinen mag.
Tag 28, Km 815: Saintes – L’Éguille-sur-Seudre. Ich biege ums Eck der Austernfabrik, und plötzlich riecht der Wind nach Salz und Algen, kreischen die Möwen, wippen die Fischerboote im kleinen Hafen auf und ab: Ich bin am Meer! Ein wahrhaft grossartiger Moment, nachdem man fast Frankreich durchquert har. Für eine Viertelstunde bleibe ich still, geniesse die Stimmung, bevor ich mir im Hafen von L’Éguille-sur-Seudre in einer der farbigen Fischerbaracken ein gutes Restaurant suche. Eigentlich bin ich noch nicht am Meer, nur an der Seudre-Mündung. Aber die Seudre ist offensichtlich den Gezeiten unterworfen und sie führt Salzwasser, andernfalls würden die vielen Austernzuchten hier nicht so gedeihen. Darum fühlt es sich wirklich an wie am Meer – auch wenn der Ozean noch zwei Tagesreisen entfernt ist.
Tag 27, Km 774: Cognac – Saintes. Diese Wanderung hat mich in unterschiedlichste Unterkünfte gebracht: Die Auswahl in den ländlichen Gebieten ist beschränkt, pandemiebedingt sind zudem viele Hotels geschlossen. Darum kann man nicht wählerisch sein. Meine Frankreich-Durchquerung hat mich in ein Schloss, eine Hütte auf einem Campingplatz, gepflegte Landgasthöfe, anonyme Kettenhotels, schäbige Absteigen am Wegrand, eine kurlige Pilgerpension und natürlich an aussichtsreiche und weniger ansprechende Biwakplätze geführt, bis hin zu jener überdachten Waschstelle, in der ich mitten in der Nacht Zuflucht vor einem Gewitter gefunden habe (es war keine Viehtränke, wie ich mittlerweile gelernt habe). Diese Nacht kommt eine Zelle im 1000 Jahre alten Kloster Abbaye aux Dames hinzu. Bei der Buchung der Chambres de l’Abbaye hatte ich eine Pension in der Nähe eines Kloster erwartet. So war ich heute ziemlich überrascht, dass es sich um liebevoll restaurierte Zellen im eigentlichen Kloster handelt. Ich hetze ja generell den Sehenswürdigkeiten nicht hinterher, da sie ohnehin immer wieder an meinem Weg liegen. Hier übernachte ich nun in einer Hauptattraktion der Stadt Saintes: Als ich mein Zimmer bezog, gingen auf dem Korridor Touristen mit Audio-Guides in den Ohren auf und ab.
Tag 26, Km 745: Cognac. Cognac hat – zusammen mit Limoges – das attraktivste kulinarische Angebot meiner Reise bisher. Es zeigt sich aber, dass es ziemlich schwierig ist, an dieses Essen heranzukommen. Einerseits lassen die Öffnungszeiten nur kurze Zeitfenster für die Nahrungsaufnahme zu, andererseits ist morgen Nationalfeiertag. Da gedenken die Franzosen des Sturms auf die Bastille, und dies tun sie bevorzugt, indem sie am Vorabend gut speisen. Deshalb sind die Innenräume der Restaurants längst ausgebucht. Auf den Terrassen gibt es nicht nur Platz, sondern auch eine herrliche Aussicht über Fluss und Stadt. Da aber das Wetter – obschon momentan trocken – unstet ist, weigern sich fast alle Restaurants rundweg, draussen zu bedienen. Sehr ärgerlich. Einzig die Brasserien am zentralen Platz bedienen die Terrassen, doch erwartungsgemäss ist dort die Qualität des Essens sehr überschaubar, wovon ich mich schon gestern im ärgsten Hunger überzeugt habe. Nach meiner dritten Abweisung insistierte ich darum, es sei ja meine Risiko, draussen zu „frieren“ (es sind 20 Grad hier) und eventuell verregnet zu werden. Der eigens herbeigerufene Chef de service erklärte mir nun lang und ausführlich, das sei sehr wohl sein Risiko: Er sei für die Sicherheit seiner Gäste und vor allem des Personals zuständig, dieses könnte bei einsetzendem Regen auf der nassen Terrasse stürzen, wenn es mich bediene, und natürlich könne er auch für die Qualität des Essens bei dieser Kälte nicht garantieren: Wenn jemand foie gras für 45 Euro bestelle und dieses nicht die erforderlichen 16 Grad habe, sei dies nicht zu verantworten. Obwohl ich diese gleichzeitig freundlich und arrogant vorgetragene Erklärung keineswegs teilte, fand ich sie doch recht unterhaltsam. Das arme foie gras! Die Abweisung führte mich in eine ausgezeichnete Crêperie (sogar das am besten bewertete Restaurant der Stadt), wo ich nicht nur draussen essen durfte, sondern zum Dessert einen flambierten Crêpe mit so viel Cognac bekam, dass er noch lange brannte und mich wärmte.
Tag 25, Km 745: Houlette – Cognac. Heute habe ich zum ersten Mal ein Kompliment für meine Sprachkenntnisse bekommen. Sowas ist in Frankreich nämlich selten. Wesentlich häufiger kommt es vor, dass das Gegenüber unaufgefordert in ein (meist kaum verständliches) Englisch wechselt, kaum hat man einen Satz auf Französisch geäussert (z.B. „un café au lait, s.v.p.“) – um einen dann anzuschauen, als spräche man Chinesisch, wenn man beim Französischen bleibt. Alles andere als eine akzentfreie Aussprache scheint für manche Franzosen eine Beleidigung ihrer Sprache zu sein. (Die meisten sind allerdings tolerant oder lassen sich zumindest nichts anmerken, sei fairerweise gesagt.) Heute aber bat ich das deutsche Touristenpärchen, das im Café in Cognac nebenan sass, bitte kurz auf mein Gepäck aufzupassen, während ich auf die Toilette ging. Als ich zurückkam lobte die Frau mein gutes Deutsch. Hey, immerhin! (Ausserdem habe ich es heute sehr genossen, mehrere Stunden einfach im Hotelzimmer herumzuliegen – das war ein grosser Luxus im Vergleich zur überdachten Viehtränke, in der ich letzte Nacht Zuflucht vor einem heftigen Gewitter gefunden habe).
Tag 24, Km 731: Jauldes – Houlette. Heute folgte ich fast den ganzen Tag der Via Agrippa. Sie wurde vor etwa 2000 Jahren von den Römern als direkte Verbindung zwischen Limoges und Saintes gebaut. Der westliche Teil davon ist fast vollständig erhalten – teils in Form normaler Asphaltstrassen, meist aber als Feldwege und Fusspfade. Die Landschaft besteht aus Weinbergen, Getreidefeldern und Wäldern, am Horizont kann man immer wieder Dörfer und einzelne Höfe erkennen. Wahrscheinlich sah die Aussicht zur Zeit der Römer fast gleich aus. Es war beeindruckend auf den Pfaden zu wandeln, auf denen schon die römischen Legionen in Gallien unterwegs waren, um letztlich von Asterix und Obelix aufs Maul zu kriegen. 2000 Jahre später leistet das römische Strassenbauamt auch mir wertvolle Dienste: Da die Wege fast schnurgerade angelegt sind, gelange ich dank ihnen auf dem direktest möglichen Weg nach Cognac und Saintes. Man braucht nicht einmal eine Landkarte, kann einfach immer geradeaus laufen – ausser man ist ungeduldig und will wissen, wie weit man schon vorangekommen ist, was ich natürlich bin. Die Strassenplaner im heutigen Rom (und Paris) vermögen da wohl nicht mitzuhalten.
Tag 23, Km 683: Lésignac-Durand – Jauldes. Highlight des heutigen Tages war der allererste Augenblick: Als ich um halb sieben Uhr erwachte, den Reissverschluss meines Biwaksacks öffnete und sich mir dieser Ausblick bot. Ich setzte mich auf einen der grossen Steine am Ufee und ass ein kleines Frühstück. Dann packte ich die vom vielen Reif leider viel zu nasse Ausrüstung zusammen und ging ins Dorf, wo ich erfreut feststellte, dass nicht nur der Laden bereits geöffnet war, sondern er auch ein paar Tische im Hinterhof stehen hatte und dort Kaffee anbot. Mehrere Dorfbewohner waren dort bereits zum Kaffeeklatsch versammelt, so setzte ich mich dazu. Der Rest des Tages konnte mit diesem beschwingten Start leider nicht mithalten: Das Wetter wurde wieder regnerisch, einmal mehr geriet ich auf einen Waldweg, der nur in den Wald hinein und nicht wieder hinaus führte (Dornengebüsch verhindert hier die Querwaldein-Lösung) und im traurigen Städtlein Chasseneuil-sur-Bonnieure gab es nur ein trauriges gebratenes Fischlein zu essen.
Tag 22, Km 642: Saint-Junien – Lésignac-Durand. Ich war spät unterwegs heute, hatte ausgeschlafen, gemütlich gefrühstückt und mir schon im ersten Städtlein am Weg, Rochechouart, einen Dreigänger zum Mittagessen gegönnt. Darum traf ich erst nach sieben Uhr abends in der Seenlandschaft der Haute-Charente ein, in der ich mir einen Biwakplatz suchen wollte. Meine Ankunft in dieser abgeschiedenen Gegend zeigte mir einmal mehr, was ich an dieser Reise so schätze. Im kleinen Dorf St-Quentin-sur-Charente wollte ich meine Wasservorräte für die Nacht auffüllen, suchte aber vergeblich nach dem Wasserhahn auf dem Friedhof – es gab keinen. Ein Anwohner, den ich danach fragte, füllte mir darauf die Flasche bei sich zuhause auf – und schenkte mir gleich noch drei Früchte. Die Geste freute mich riesig, mit grossem Wanderhunger und wenig Proviant in dieser abgelegenen Gegend ist das ein schöner Luxus. Die Landschaft wurde nun immer schöner, der Mas-Chaban-See strahlte tiefblau in der Abendsonne, daneben leuchtete beige das letzte Dorf meiner Tagesetappe, Lésignac-Durand. Zu meiner Überraschung war noch ein kleiner Laden offen, wo mich ein kaltes Cola anlachte und vernünftigerweise gleich auch noch ein Pack Chips und ein Mars – ich habe den Wanderhunger erwähnt. Am See fand ich einen perfekten Biwakplatz mit schöner Aussicht und genoss nun endlich das Picknick mit meinem wertvollen Proviant.
Tag 21, Km 602: Limoges – St-Junien. Meine Wanderung führte mich heute durch eine der beeindruckendsten Geisterstädte Europas: Oradour-sur-Glane. Die Ruinen des Städtchens stehen auch heute noch so, wie sie die Nazis am 10. Juni 1944 hinterlassen hatten. Als Rache für Kriegsakte der Résistance umstellte die Wehrmacht den Ort, trieb alle Frauen und Kinder in der Kirche zusammen und tötete schliesslich 642 Einwohner – fast die ganze Bevölkerung. Einzig eine Frau konnte aus einem Kirchenfenster entkommen. Heute ist Oradour-sur-Glane eine Gedenkstätte und einigermassen touristisch (zumindest mehr als alle anderen Orte, durch die ich bisher gekommen bin). Dennoch ist es beeindruckend, vorbei an den Gerippen der Post, des Gemeindehauses, der Schule und vieler Läden und Wohnhäuser zur Kirche zu gehen, in der sich ein Teil dieser Tragödie abgespielt hat. Gleichzeitig bietet das Dorf – ähnlich wie Pompeji und Tschernobyl – einen Einblick in die Lebensrealität der Zeit ihrer Zerstörung, etwa durch die verrosteten Automodelle sowie Schilder und Wegweiser.
Tag 20, Km 559: Limoges. Heute habe ich endlich guten Kaffee bekommen in Frankreich – natürlich dank meines Aufenthalts in der Grossstadt Limoges. Die Franzosen trinken zwar viel und gern Kaffee und es ist darum überhaupt nicht schwierig, welchen zu bekommen. Fast ohne Ausnahme handelt es sich dabei aber um eine ungeniessbar Plörre, die man nur trinkt, um am Morgen wach zu werden. Dabei kann man unterschiedliche Stufen der Wässrigkeit wählen – court geht noch und ist auch als Expresso bekannt (gleich wie in Schweizer Hinterwäldler-Spunten), aber nicht mit einem italienischen Espresso zu verwechseln, allongé hingegen tunlichst zu vermeiden. Warum es das kulinarisch affine Frankreich nicht schafft, Kaffee auf dem Niveau anderer südeuropäischer Staaten wie Spanien, Kosovo oder Griechenland zuzubereiten, ist mir ein Rätsel. Sympathisch hingegen: Die meisten Cafés verkaufen zwar kein Gebäck, begrüssen es aber explizit, wenn man selbst zum Bäcker geht und dann bei ihnen das Brioche oder Croissant zum Kaffee verzehrt. So habe ich es auch heute Morgen gemacht, nur dass ich dazu in der Fabrique du Café zu Limoges einen ausgezeichneten Milchkaffee bekam. In der Fabrique gab es übrigens auch Espresso – mit ’s‘.
Tag 19, Km 559: St-Martin-Terresus – Limoges. Meine Ankunft in Limoges war ein Highlight nicht nur des Tages, sondern der ganzen Reise. Inspiration für diese war ein Spionageroman aus den Weltkriegen gewesen, „The Alice Network“ von Kate Quinn. Darin reist die Protagonistin Rose gemeinsam mit dem schurkenhaften Kollaboranten René nach Limoges. Sie parkieren bei der alten Brücke am Fluss und René gefällt der Ort so sehr, dass er dort in einem roten Haus ein Restaurant eröffnet. Ich wählte meinen Weg nach Limoges so, dass ich die Stadt über diese Brücke betreten würde. Gross war heute meine Überraschung und Freude, nicht nur die Brücke, sondern auch das Restaurant exakt wie im Buch beschrieben vorzufinden. Noch besser war, dass das Restaurant (es heisst „Le Pont de Saint-Etienne„) geöffnet war. Sofort entschloss ich mich, dort zu essen. Da ich der erste Gast war, bekam ich den besten Platz auf der Terrasse, mit Aussicht auf die Brücke. Das Essen war fantastisch – endlich wieder mal französische Küche! Ich fragte die Inhaberin, ob ihr das Buch bekannt sei. Sie hatte noch nie davon gehört, zeigte mir aber Bilder des Gebäudes im Weltkrieg, das bereits damals ein Restaurant war. Erstaunlicherweise hat ihr Vater im 2. Weltkrieg eine sehr ähnliche Geschichte erlebt, wie in „The Alice Network“ beschrieben – allerdings in Bordeaux. Limoges derweil hat meine Erwartungen schon vollständig erfüllt, bevor ich überhaupt einen Fuss in die Stadt gesetzt habe.
Tag 18, Km 538: Aubusson – St-Martin-Terresus. Nach dem verregneten gestrigen Tag drehte ich die Heizung im Hotelzimmer auf und so gelang es mir, trotz beträchtlicher Geruchsentwicklung meine Schuhe und Socken zu trocknen. In diesem Zustand wollte ich sie bewahren, endlich mal einen ganzen Tag lang. Also suchte ich mir eine Route entlang markierter Wege und Feldsträsschen heraus, die eine trockene Wanderung ermöglichen sollten. Doch die französischen Wanderweg lassen keine Chance: Schon nach drei Kilometern verwandelte sich der gute Feldweg in eine mit tiefen Pfützen angereicherte Schlammbahn. Anschliessend folgte ein Abschnitt mit kniehohem, klitschnassem Gras. Da helfen auch wasserdichte Schuhe nicht: Noch vor meiner Ankunft im ersten Dorf, Montboucher, waren Schuhe und Socken bereits ebenso klitschnass.
Tag 17, Km 501: Aubusson – Bourganeuf. Am späten Nachmittag habe ich mich ausserordentlich gefreut, in Soubrebost, einem Kaff mit 139 Einwohnern, eine Bar vorzufinden: Perfekt für die Pause mit einem kalten, klebrigen Süssgetränk. Ich merke, ich erwähne oft solche Banalitäten als Highlights. Aber beim Fernwandern kreisen die Gedanken oft lange um solche Themen: Wo gibt es ein Croissant, ein warmes Essen, ein Bier? Ich finde es entspannend, nicht über komplexere Dinge nachzudenken. Und so eine unerwartete Verpflegungsmöglichkeit in einem abgelegenen Gebiet ist da eine Freude. Denn sonst war heute wohl mein ödester Wandertag bisher. Es hat fast den ganzen Tag geregnet, die Landschaft war langweilig und ich musste oft Hauptstrassen folgen. Aber die Route war topografisch und von der Wegbeschaffenheit her anspruchslos, und so kam mir die Wanderung vor wie eine lange Zugfahrt: Ich hörte stundenlang Podcasts und nahm die leere, ereignislose Landschaft nur oberflächlich wahr. Seit fast einer Woche befinde ich mich im einsamen Massif Central, das sich viel länger hinzieht als ich gedacht hätte – wird Zeit, dass das ein Ende hat.
Tag 16, Km 457: Aubusson. Heute ist wieder Ruhetag und ein eigentliches Highlight gibt es darum nicht, da ich am meisten darauf Lust habe, in Kneipen zu sitzen, Bier zu trinken und zu lesen (derzeit: Jules Verne, In achtzig Tagen um die Welt). Dazu eignet sich Aubusson im Gegensatz zu den Minidörfern, durch die ich auf meiner Wanderung komme, hervorragend. Die vielen Strassencafés laden dazu ein und bieten sogar regionales Bier, hier Marsienne aus Auzance (wie Aubusson im Departement Creuse). Mein normales Reise-Ich, das sonst vor Entdeckungsdrang kaum zurückzuhalten ist, meldet sich kaum. Mehr pflichtbewusst machte ich dann doch noch einen kleinen Rundgang durch das echt schöne Städtchen, das bekannt ist für Tapisserie: Gestickte Bilder, mit denen vor allem Sessel dekoriert werden. Man google, diese Sessel sehen echt scheusslich aus.
Tag 15, Km 457: La Celle d’Auvergne – Aubusson. Heute und gestern bin ich tief in die Welt der französischen Kleinstgemeinden eingetaucht. Zwischen Clermont-Ferrand und Limoges, im Massif Central, gibt es nur ganz wenige Ortschaften mit mehr als 500 Einwohner. Die meisten haben 100 oder 200 Einwohner. Das merkt man sofort, denn auf französischen Landkarten ist die Einwohnerzahl verzeichnet. Man merkt es aber auch daran, dass die Dörfer nur die absolute Basic-Infrastruktur einer französischen Gemeinde aufweisen. In den kleinsten Dörfern gibt es nur ein Rathaus (mairie), ein Kriegsdenkmal, eine Kirche und ein Friedhof. Etwas grössere Dörfer – wie etwa St-Maurice-près-Crocq, im Bild – haben zudem Schulen. In diesem Fall gleich im Rathaus: Die Tür links führt in die Knabenschule, jene rechts in die Mädchenschule. Am wichtigsten sind für mich die Friedhöfe: Hier gibt es immer einen Wasserhahn mit Trinkwasser. Das ist wichtig in einem Land, das keine Brunnen kennt. Diese abgelegenen Mini-Dörfer faszinieren mich, auch ihre Namen: Die meisten haben einen Vornamen, der in Frankreich wohl häufig vorkommt – etwa St-Maurice – und einen Nachnamen, der sie spezifiziert, etwa mit einem nahe gelegenen Fluss, einem Nachbardorf, der Region oder sonst einer Eigenheit (z. B. St-Just-la-Pendue, was ist eine Pendue?!). Für meine Planung sind sie aber eine Herausforderung, denn Läden gibt es in solchen Dörfern nie und offene Restaurants leider auch nicht. Zwischen Riom und Aubusson gibt es eigentlich nur zwei „grössere“ Ortschaften, in denen man sich verpflegen kann: Pontaumur (700 Einw.) und Crocq (400 Einw.). Natürlich brachte ich zuerst zu wenig Proviant mit, verfiel in Pontaumur in einen Kaufrausch und hatte als Folge davon einen viel zu schweren Rucksack.
Tag 14, Km 420: St-Jacques-d’Ambur – La Celle d’Auvergne. Ich bin am Punkt angelangt, der genau in der Mitte ist zwischen meinem Start und Ziel: Der Bahnhof Genf und der Leuchtturm Phare de la Coubre sind beide 287 km Luftlinie entfernt. Ab jetzt ist der Atlantik näher als Genf! Der Weg von Genf hierher war reich an Erlebnissen, Strapazen und Beobachtungen – wie sich die Landschaft, die Mentalität, die Architektur langsam verändert (leider kann ich die Küche hier nicht nennen). Ich kann mir kaum vorstellen, dass zwischen hier und dem Meer nochmal soviel reinpasst! Aber das wird es wohl, wenn ich es dorthin schaffe. „Meine“ Mitte ist übrigens nur einen Kilometer von der Grenze der Regionen Auvergne-Rhône-Alpes und Nouvelle Aquitaine entfernt. Diese beiden Regionen decken meine gesamte Strecke ab. Nochmals zwei Kilometer weiter befindet sich die Wasserscheide Frankreichs: Bis dahin läuft das Wasser der Bäche ins Mittelmeer, danach in den Atlantik. Der „Mittelpunkt“ selbst liegt am Verner-See in der einsamen Gemeinde La Celle d’Auvergne. Sie hat nur 81 Einwohner, alle Nachbardörfer sind weit entfernt, und in La Celle selber gibt es ausser einer uralten Kapelle und dem Gemeindehaus nur einen Briefkasten der französischen Post. So konnte ich leider auf den halben Weg nicht anstossen.
Tag 13, Km 389: Riom – St-Jacques-d’Ambur. Diese Nacht habe ich einen ganzen Zeltplatz für mich allein – und zwar mit einer grandiosen Aussicht! Die sanitären Anlagen sind in einem Container und der ganze Ort wirkt ziemlich improvisiert, aber die Dusche nach der langen Wanderung tat gut. Eigentlich wollte ich am See unten bei einem verlassenen Restaurant wild biwakieren, aber gerade baute auch eine überstellige Gruppe Teenager ihre Zelte auf – da zog ich weiter. Der richtige Entscheid: Hier fühlt es sich an wie in einem Hotel unter freiem Himmel.
Tag 12, Km 346: Riom. Heute habe ich zum ersten Mal auf dieser Reise einfach einen Tag lang das Stadtleben genossen. Natürlich war auch Tarare eine Stadt, eine hässliche zwar, aber dort hat es die ganze Zeit geregnet und ich verbrachte meine Zeit lieber auf dem Schloss. Nun ist auch Riom keine Metropole, wie könnte es anders sein bei einem Ort, der nach einem Bündner Bergkaff benannt ist, aber dennoch konnte ich den ganzen Tag in Cafés, Brasserien und sogar in einem Park herumsitzen und ein Buch fertiglesen. Riom ist darüber hinaus eine ausserordentlich schöne Stadt, und hätte ich meine Füsse wegen der Blasen nicht schonen müssen, wäre ich sicher noch viel mehr durch die kleinen Altstadtgassen gezogen. Einfach macht es aber auch Riom den Besuchern nicht: Wie überall in Frankreich sind die Läden und Restaurants dann geöffnet, wenn die Besitzer gerne arbeiten und nicht dann, wenn die Kunden gerne konsumieren. Gestern Montag war ohnehin alles geschlossen, wie bei uns an einem Sonntag, aber auch heute Dienstag war es beispielsweise schwierig, einen guten Take-Away-Kaffee zu bekommen: Das Café ist von 10 bis 13 Uhr geöffnet und dann ab 15 Uhr wieder, weder am Morgen noch nach dem Mittagessen kann man also einen Kaffee bekommen. Aber ich hatte ja viel Zeit.
Tag 11, Km 346: Lezoux – Riom. Heute Morgen sass ich vor dem Hotel, trank einen Kaffee und schaute in das traurige, verregnete Lezoux hinaus. Das heruntergekommene Gebäude gegenüber hatte mal eine Rôtisserie beherbergt, in einem zweiten Leben eine Immobilienagentur, und zeugte beispielhaft vom Niedergang dieses Dorfs. Das Hotelzimmer war ekelhaft gewesen, Haare im Bett und Staubmäuse darunter, ein heftiger Sturm hatte mich lange wachgehalten. Der Wirt, der jetzt drinnen bei seinen Stammgästen sass und mit ihnen über die Reform der administrativen Einheiten Frankreichs diskutierte, hatte mich schon bei meiner Ankunft genervt mit seinem Gequengel über Online-Buchungen und war seither nicht positiver aufgefallen. Ich genoss den Moment zutiefst. So sehr auf Reisen hatte ich mich seit Beginn der Pandemie nicht mehr gefühlt. Endlich war ich wieder an spannenden Orten, ich musste dazu nicht nach Transnistrien oder Kiribati gehen, es reichte, durch Frankreich zu laufen. Ich zahlte und wollte mir in einer der fünf Bäckereien von Lezoux ein Croissant kaufen. Alle hatten am Montag Ruhetag. Alle!
Tag 10, Km 317: Viscomtat – Lezoux. Heute lief ich vom Berg hinunter nach Thiers und staunte nicht schlecht, wie sich dort am steilen Flussufer eine Fabrikruine an die andere reiht. Verschiedene Produktionshallen gammeln da vor sich hin, Thiers war einst ein Zentrum der Messerherstellung. In der Tiefe rauschte der Fluss, rostige Brücken überquerten ihn bei jeder Fabrik. Ich war begeistert, so viel gab es hier zu entdecken! Im Vorfeld dieser Reise hatte ich keine Reiseführer studiert (ich wollte ja ohnehin auf der einigermassen direkten Linie ans Meer) und keine Bilder der Orte an meinem Weg angeschaut, nicht einmal eine genaue Route geplant. Umso mehr überrascht mich nun immer wieder, was die Orte zu bieten haben. Neben dem Industrieerbe fand ich in Thiers eine auf einem steilen Hügel gelegene Altstadt in ausserordentlich schlechtem Zustand. Ich glaube, ich habe in Westeuropa noch nie eine so heruntergekommene Stadt gesehen. Die traurigen Dörfer gestern waren wohl Vorboten der ärmlichen Städte der Auvergne gewesen…
Tag 9, Km 285: Pommiers-en-Forez – Viscomtat. Völlig unerwartet stiess ich heute in Noirétable auf eine Bar. Die Wanderung führte mich heute durch eine unwirtliche Gegend: Nur alle paar Stunden traf ich auf ein Dorf, vier insgesamt. Sie waren nicht mehr so freundlich wie auf der anderen Seite der Loire, ich traf kaum mehr auf Menschen oder Bistrots. Nur im grauen Saint-Germain-Laval sassen schon um 8 Uhr morgens die Herren vor dem Du Nord und liessen sich von der Wirtin immer wieder vom bitteren braunen Likör nachschenken. Bis ich nach Noirétable kam. Aus der „Bidule“ erklang Hitparaden-Musik, auf der Terrasse hatte sich die Dorfjugend versammelt und bestellte Biertürme. Die Bar hatte verschiedene belgische Biere am Zapfhahn und überhaupt sah sie aus wie in einer Grossstadt und nicht wie in diesem gottverlassenen Kaff. Natürlich konnte ich nicht widerstehen, trank auf der Terrasse ein dringend benötigtes Zuckergetränk und ein Bier, bevor ich weiterzog in die Berge der Auvergne. Noch bevor ich das Kaff verliess, stiess ich auf ein Casino. Noirétable, heimliche Metropole des Forez. Tag 8, Km 245: Tarare – Pommiers-en-Forez. Heute ging endlich meine Erwartung in Erfüllung, in einem netten Bistrot auf einem alten Dorfplatz Mittag zu essen. In Sainte-Colombe-sur-Gand gab es als Tagesmenu einen Hühnerragout mit Crème fraiche und als Dessert eine üppige Käseplatte. An den anderen Tischen spielte sich das Dorfleben ab, das im Wesentlichen im Apéritif der Handwerker bestand – Pastis scheint nicht mehr hoch im Kurs zu sein, dafür Rosé und Bier. Ich schätzte diese Gelegenheit ausserordentlich, denn es war das erste Mal überhaupt, dass ich französisches Essen bekam. Im durchschnittlichen französischen Dorf ist die einzige Verpflegungsmöglichkeit eine Pizzeria, falls es eine zweite gibt, entweder ein Kebab oder ein nordafrikanischer Imbiss (Le roi du Couscous). Offenbar kann die französische Küche weder preislich noch in der Geschwindigkeit damit mithalten. Deshalb hat sie sich in die Städte verzogen und ist auf dem Land offenbar nur noch selten anzutreffen. Schade!
Tag 7, Km 203: Tarare. Ich habe meinen heutigen Ruhetag auf einem Schloss verbracht. Notgedrungen eigentlich, da es in Tarare kaum Alternativen gibt, aber natürlich gehört bei einer Reise durch Frankreich ein Aufenthalt im Château einfach dazu. Da es kaum Gäste gibt, bekam ich sogar das Turmzimmer, im dem sonst Brautpaare nächtigen. Ein bisschen fehl am Platz kam ich mich ja schon vor, als ich gestern erschöpft und verschwitzt ankam. Aber es tut richtig gut, sich hier erholen zu können. Glücklicherweise ist Tarare eine ziemlich langweilige und hässliche Stadt, so kann ich guten Gewissens die längste Zeit das Schlossleben geniessen. Ein gewisser Kontrast zu meiner Biwaknacht zwischen Wohnmobilen.
Tag 6, Km 203: Villefranche-sur-Saône – Tarare. Heute war der ganze Tag ein Highlight, abgesehen von meiner Erschöpfung nach 6 Tagen Fernwandern am Stück. Auf dem Weg durch die Weinregion Beaujolais zeigte sich Frankreich von seiner besten Seite: Weinberge, schöne alte Dörfer, überall ausserordentlich freundliche Menschen. Die Franzosen sind grosse Fans ihrer ländlichen Regionen und bringen darum dem Wanderer, der sie mit der intensivsten Art des Bereisens beehrt, grossen Respekt entgegen. Manch ein Passant verneigt sich leicht und wünscht „Courage“. (Nichtsdestotrotz habe ich seit Tagen keinen anderen Wanderer gesehen.) Eigentlicher Höhepunkt war meine Mittagspause in Le Bois d’Oingt. Am Marktplatz des kleinen Dorfs reihen sich Boulangerie, Boucherie, Fromagerie, Café und Librairie aneinander wie in klischierten Darstellungen des ländlichen Frankreichs (als Kind hatten wir zuhause Teller der Marke Laplau, die exakt einen solchen Platz darstellen). Ich klapperte sie alle ab und stellte mir ein herrliches Mittagessen mit Dessert zusammen. Wie wohltuend, nach den leeren Jura-Dörfern!
Tag 5, Km 171: Villars-les-Dombes – Villefranche-sur-Saône. Heute habe ich das erste Bier dieser Reise bekommen – zur Feier meines Geburtstags, der Durchquerung des Départements Ain, aber hauptsächlich deshalb, weil es die erste Möglichkeit war. Bisher präsentierte sich die kulinarische Lage ernüchternd. Die meisten Dörfer waren so klein, dass es gar keine Verpflegungsmöglichkeit (ausser dem einen Baguetteautomat) gab. In den mittelgrossen Ortschaften scheint es vor allem Pizza, Kebab und Tandoori zu geben, meist als Takeaway. Die französische Küche ist nicht hoch im Kurs, ich sah vor der Stadt Villefranche-sur-Saône kein einziges offenes französisches Restaurant. So kann ich erst heute meine 5. bewältigte Etappe mit einem gezapften Bier begiessen.
Tag 4, Km 139: Pont d’Ain – Villars-les-Dombes. Heutiges Highlight war die Durchquerung des Bois de Priay. Gleich wie in schweizerische Wälder tritt man auch in die französischen Wälder auf einem gut ausgebauten Waldweg, der korrekt auf der Landkarte eingezeichnet ist. Bald aber verliert sich dieser im Dickicht oder verwandelt sich in eine Schlammbahn, die für Militärübungen passender wäre. Der Weg kümmert sich dann einen Deut um irgendwelche Striche in der Landkarte. So blieb mir auch im Bois de Priay nichts anderes übrig, als dem Weg mit den meisten Spuren zu folgen. Er führte mich auf eine fast schon kitschig idyllische Lichtung mit zwei Seen und einem Hochsitz. Dort legte ich einen Rast ein und schaute den Vögeln und sogar einem Biber zu. Natürlich spuckte mich der Weg ganz an einem anderen Ort aus dem Wald als erwartet. Dort stand ein Schild: „Betreten verboten – private Jagd.“ Keine zehn Minuten später hörte ich zwei Schüsse aus dem Wald…Tag 3, Km 104: Champdor-Corcelles – Pont d’Ain. Endlich eine schöne Landschaft! Wenn man von Genf aus nach Frankreich läuft, kommt man zuerst durch einen Ausläufer des Juragebirges, die Region Haut-Bugey. Dort sieht alles aus wie im Schweizer Jura: Die etwas traurigen leeren Bauerndörfer, einsame Hügelrücken voller Kuhweiden, einzelne windschiefe Ställe mit Wellblech auf der Windseite… Die Region gefiel mir nicht. Heute aber stiess ich ganz unerwartet auf Weinberge, am westlichen Abhang des Haut-Bugey. Von einem Dorf zum anderen (nämlich zwischen Corlier und Châtillon-de-Cornelle) veränderte sich so ziemlich alles, und ganz besonders die Architektur. Seither sehen die Dörfer nun südländisch aus und mit ihr auch das Benehmen ihrer Bewohner – weg von den kauzigen Bergbauern, hin zu den fröhlichen Weinbauern. Tag 2, Km 72: Bellegarde sur Valserine – Champdor-Corcelles. Ich habe zum ersten Mal auf dieser Reise unter freiem Himmel geschlafen. Frankreich ist ja nur dünn besiedelt und manchmal gibt es über längere Strecken keine Unterkünfte. Also habe ich einen Biwaksack mitgenommen, für den Fall, dass ich keine Unterkunft finde oder einfach mehr Lust habe, draussen zu schlafen. Leider sind die Wetteraussichten mit den ständigen Gewittern alles andere als günstig für dieses Vorhaben. Immerhin hat es nun schon in der 2. Nacht geklappt mit dem draussen schlafen. Auch wenn ich mir auf dem Camping zwischen den Wohnwagen etwas verloren vorgekommen bin. Das geht noch besser. Tag 1, Km 37: Genf – Bellegarde sur Valserine. Das Fort d’Ecluse steht an der engsten Stelle, wo sich die Rhône durch die erste Jurakette Frankreichs zwängt. Das erste Highlight meiner Wanderung! Die Aussicht über die ganze Umgebung von Genf und die Jurahügel ist grandios. Ich fand das riesige Fort, eigentlich eine Sehenswürdigkeit, ganz verlassen vor. Kein Mensch war in Sicht, und auch kein Tier, was eine Enttäuschung war: Eine Freundin in Genf hatte mich darauf hingewiesen, dass dies das Habitat eines seltenen Vogels, des Mauerläufers, sei. Doch auch von ihm war keine Spur zu sehen.
Lieber Daniel
Beat und ich wünschen Dir eine spannende Wanderung und freuen uns daauf, Deine täglichen Berichte lesen zu können.
Gutes Gelingen bei Deinem spannenden Abenteuer!
Beste Grüsse
Heidi Christen
…und wie immer auf deinem fantastischen Blog lese ich gerne mit! Danke schonmal!
Nur interessehalber: Du bist gefühlt schon seit Monaten auf Wanderung. Hat man als Schweizer Staatsbediensteter so viel Urlaub?
Danke 🙂 So fühlt es sich für mich auch an… Aber in der Schweiz bin ich vorwiegend an Wochenenden und am Feierabend gewandert, es ist ja sehr nahe in die Berge. Wir haben so viele Ferien wie andere, aber ich tendier ein bisschen dazu, Überzeit anzuhäufen und sie dann mit längere Reisen zu kompensieren…
Herzlichen Glückwunsch, dass Du Dein tolles Abenteuer trotz z.T. widerlichen Umständen geschafft hast!
Deine süffig geschriebenen Blog-Einträge haben wir mit Hochgenuss gelesen und genossen.
Beat und Heidi
Vielen Dank euch! Freut mich, wenn euch meine Beiträge gefallen haben. Es ist aber noch nicht ganz geschafft: Die Phare de la Coubre bleibt mein Ziel – nun sind es aber nur noch 15 km.
I came across your blog and I want to say I’ve really enjoyed it! I can’t speak German but I have been using the Chrome translate to read all the posts, even the old ones. The pacific islands are amazing. I hope to do it too when the pandemic is over.
Lieber Daniel
Beat und ich wünschen Dir eine spannende Wanderung und freuen uns daauf, Deine täglichen Berichte lesen zu können.
Gutes Gelingen bei Deinem spannenden Abenteuer!
Beste Grüsse
Heidi Christen
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Hallo miteinander, vielen Dank für die lieben Wünsche! Viele Grüsse aus les Dombes, Daniel
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Great plan, wish an exciting adventure
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…und wie immer auf deinem fantastischen Blog lese ich gerne mit! Danke schonmal!
Nur interessehalber: Du bist gefühlt schon seit Monaten auf Wanderung. Hat man als Schweizer Staatsbediensteter so viel Urlaub?
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Danke 🙂 So fühlt es sich für mich auch an… Aber in der Schweiz bin ich vorwiegend an Wochenenden und am Feierabend gewandert, es ist ja sehr nahe in die Berge. Wir haben so viele Ferien wie andere, aber ich tendier ein bisschen dazu, Überzeit anzuhäufen und sie dann mit längere Reisen zu kompensieren…
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Was für eine spannende Geschichte – da bin ich gerne lesend dabei! – Ich wünsche dir schon jetzt viel Erfolg und den Biss dranzubleiben.
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Vielen Dank! Bin gespannt, ob ich es schaffe.
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Wow! So toll! Hoffe ich kann es dir mal nachmachen 👍 Da bin ich mega gespannt was du schreibst! I follow you 😉 LG
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Herzlichen Glückwunsch, dass Du Dein tolles Abenteuer trotz z.T. widerlichen Umständen geschafft hast!
Deine süffig geschriebenen Blog-Einträge haben wir mit Hochgenuss gelesen und genossen.
Beat und Heidi
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Vielen Dank euch! Freut mich, wenn euch meine Beiträge gefallen haben. Es ist aber noch nicht ganz geschafft: Die Phare de la Coubre bleibt mein Ziel – nun sind es aber nur noch 15 km.
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I came across your blog and I want to say I’ve really enjoyed it! I can’t speak German but I have been using the Chrome translate to read all the posts, even the old ones. The pacific islands are amazing. I hope to do it too when the pandemic is over.
Thanks for posting these and keep travelling!
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